Plakat Mozart Requiem Januar 2000

W.A. Mozart: Requiem

  • Autor:

    KIT Kammerchor

  • Datum: 21.01.2000
  • Ort: Katholische Kirche Eppingen

Mitwirkende

Dorothea Rieger - Sopran
Constanze Schumacher - Alt
Wilfried Rombach - Tenor
Thomas Herberich - Bass

Kammerorchester an der Universität Karlsruhe
Kammerchor der Universität Karlsruhe

Leitung: Nikolaus Indlekofer

Programm

Wolfgang Amadeus Mozart
(1756-1791)

 

Inter natos mulierum KV 72
Ave verum corpus KV 618
Misericordias domini KV 222
 

Requiem KV 626
vervollständigt von Franz Xaver Süßmayr

 

 

 

 

Aus dem Programmheft:

Das Requiem von W.A. Mozart                               von Monja Sobottka
Wo immer heute ein Requiem aufgeführt wird, herrscht eine eigentümliche, ebenso feierlich-distanzierte wie eindringliche und innerlich erschütternde Atmosphäre. Die Totenmesse berührt uns unmittelbarer, persönlicher als eine „beliebige" Meßkomposition. Wir ahnen, daß sie mehr mit uns selbst zu tun hat als wir vielleicht wahrhaben wollen: sie konfrontiert uns mit dem Tod - nicht nur mit dem Tod der anderen, derjenigen, für die sie geschrieben wurde oder für die sie aufgeführt wird, sonder auch mit unserem eigenen Tod, mit der unwiderruflichen Tatsache unserer Sterblichkeit. Zwar werden Requien heutzutage meist aus rein musikalischen Erwägungen und in gewöhnlichen Konzerten aufgeführt; dennoch kann sich kaum einer der Unmittelbarkeit ihrer ursprünglichen Bestimmung entziehen.
Das Requiem ist Mozarts letzte Komposition. Er starb, bevor er es vollenden konnte. Diese Tatsache und die vielen mehr oder weniger farbig ausgemalten und zum Teil erheblich  divergierenden Quellen zur Entstehungsgeschichte führten zwangsläufig zu einer Art romantischen Mystifizierung des Gegenstandes. Das Theaterstück Amadeus von Peter Shaffer und der darauf basierende gleichnamige Mozart-Film trugen mit der Wiederaufnahme der Vergiftungstheorie (nämlich Salieri habe seinen verhassten Konkurrenten Mozart vergiftet) ihrerseits zur Legendenbildung um die Umstände von Mozarts Tod und seines Requiems bei. Etliches konnte im Nachhinein geklärt und korrigiert werden. Dennoch: trotz allem, was in den mehr als hundert Jahren seit Mozarts Tod von Musikwissenschaftlern, Historikern, Mediziner (zur nachträglichen Diagnose von Mozarts Todeskrankheit!) und Philologen zur Rekonstruktion der Requiem-Geschichte erforscht wurde, gibt uns dieses letzte Werk des großen Komponisten noch immer unlösbare Rätsel auf, haftet ihm durch die Tragik des frühen Todes und seine unvollendete Gestalt letzten Endes doch eine Aura des Mystischen, Jenseitigen an.

Im Juli 1791 erhält Mozart durch einen Boten ein Schreiben mit anonymem Absender, der ihn bittet, eine „Seelenmesse" zu komponieren. Fast gleichzeitig erreicht Mozart aus Prag ein Auftrag der böhmischen Stände, eine Oper zur Krönung Leopolds II zum böhmischen König, die Anfang September stattfinden sollte, zu schreiben (die spätere Clemenza di Tito). Mozart nimmt auch diesen Auftrag an, der ebenso ehrenvoll wie lukrativ erscheint. Das Requiem muß also warten, zumal Mozart in dieser Zeit noch an einem weiteren Auftragswerk arbeitet, das am 30. September uraufgeführt werden soll: die Zauberflöte. Ende August macht sich das Ehepaar Mozart auf den Weg nach Prag zu den Krönungsfeierlichkeiten. Bei seiner Zurückkunft nach Wien nahm Mozart sogleich die Seelenmesse vor, und arbeitete mit viel Anstrengung und einem lebhaften Interesse daran. In jenen Tagen soll Mozart, von Krankheit gezeichnet, angefangen haben, vom Tode zu sprechen und davon, daß er das Requiem für sich setze. Sein Zustand besserte sich aber noch einmal und er komponierte zwischendurch noch die Kleine Freimaurer-Kantate KV 623, die er anläßlich einer Freimaurerlogen-Feier am 18. November persönlich dirigierte. Die begeisterte Aufnahme des Werkes versetzte ihn vorübergehend in Hochstimmung; mit neuer Energie arbeitete er am Requiem weiter. Doch nur kurze Zeit später verschlechterte sich sein Zustand wieder, er wurde zunehmend schwächer und blieb bettlägerig bis zu seinem Tod am 5. Dezember. Bis zuletzt komponierte er an 'seinem' Requiem: „Selbst an dem Vorabende seines Todes liess er sich die Partitur des Requiems noch zum Bette hinbringen und sang (es war zwey Uhr Nachmittags) selbst noch die Altstimme; Schack, der Hausfreund, sang, wie er es denn vorher immer pflegte, die Sopranpartie, Hofer, Mozart's Schwager, den Tenor, Gerle, später Bassist beim Mannheimer Theater, den Bass. Sie waren bey den ersten Takten des Lacrimosa, als Mozart heftig zu weinen anfing, die Partitur bey Seite legte, und elf Stunden später um ein Uhr nachts verschied."

Mit Mozarts Tod begann ein in der Musikgeschichte beispielloses Tauziehen um ein Werk, dessen Wert bald erkannt wurde. Zuallererst galt es, das Requiem zu vollenden. Konstanze Mozart war angesichts ihrer prekären finanziellen Lage natürlich daran interessiert, das Auftragswerk so bald wie möglich abzuliefern, um den Rest des versprochenen Honorars zu erhalten. Nachdem zwei von ihr konsultierte Schüler ihres Mannes die Ergänzung aus verschiedenen Gründen abgelehnt hatten, landete das Requiem schließlich bei seinem Schüler und Gehilfen Franz Xaver Süßmayr. Im Februar 1792 wird die durch Süßmayr fertiggestellte Partitur an den anonymen Auftraggeber übersandt. Damit war die wichtigste, da authentischste Quelle zu Mozarts Requiem der Öffentlichkeit auf Jahre entzogen. Zwar kursierten Kopien des Originals, die jedoch mit jeder weiteren Abschrift fehlerhafter und ungenauer wurden. Außerdem konnte das, worüber sich die Fachwelt am heftigsten ereiferte, ohnehin nur anhand des Autographs festgestellt werden: die 'Anteilsfrage'. Die teilweise widersprüchlichen und unpräzisen Aussagen von Zeitzeugen sowie das Fehlen der Originalquellen sorgten für eine Verschleierung der Sachlage und gipfelten schließlich darin, daß Mozarts Urheberschaft am Requiem prinzipiell in Frage gestellt wurde.
Inzwischen war auch der anonyme Auftraggeber auf der Bildfläche erschienen: ein gewisser Graf Walsegg von Stuppach wollte seiner im Februar 1791 verstorbenen Frau ein ewiges Denkmal in Form einer Totenmesse setzen. Er war selbst Laienmusiker und frönte der etwas schrulligen Eigenart, fremde Kompositionen für seine eigenen auszugeben (was umso skurriler erscheint, da sein „Hof" davon wußte!). Eine unspektakuläre Angelegenheit mit umso weitreichenderen Folgen...
Erst jetzt konnte die 'sichtbare' Anteilsfrage, d.h. die Unterscheidung von Mozarts und Süßmayrs Handschrift in den autographen Partiturteilen geklärt werden. Sie wurde später durch eingehende graphologische Untersuchungen präzisiert. Ungewiß bleibt bis heute, inwieweit Mozart Anteil an der Komposition der Sätze Sanctus, Benedictus und Agnus Dei hatte, die Süßmayr vollständig für sich beansprucht ebenso wie die Fortsetzung des Lacrimosa, das in Mozarts Handschrift nach dem achten Takt abbricht. Mit der Wiederholung eines Teils des Introitus sowie der Kyrie-Fuge am Schluß auf den Text „Lux aeterna ..." folgte Süßmayr offenbar einer mündlichen Absprache mit Mozart. Die Darstellung seiner Ergänzungsarbeit ist zwar nachweislich korrekt, doch bleibt sie unverbindlich und läßt Raum für Spekulationen. Die Musikwissenschaft fahndet noch immer mit geradezu kriminalistischer Präzision nach Spuren Mozartschen Gedankengutes in jenen Sätzen. Vergleichende Studien mit anderen Kompositionen sowohl Süßmayrs als auch Mozarts konnten, vor allem im Agnus Dei, eine gewisse Tendenz zugunsten einer Mozartschen Beteiligung aufzeigen. Man vermutet, daß Mozart Süßmayr nicht nur mündliche, sondern auch schriftliche Anweisungen in Form von Skizzen hinterlassen hat.

Mit dem Requiem Mozarts verhält es sich wie mit der Grabstätte einer historisch bedeutsamen Persönlichkeit: man läßt es nicht in Ruhe. Süßmayrs Ergänzungsarbeit wird immer wieder als plump und unmozartisch angegriffen. So hat es im 20. Jahrhundert einige Versuche gegeben, Süßmayrs Anteil zu revidieren, um mehr Mozartsche Substanz freizulegen. Die „Korrekturen" erfolgten anhand grundlegender Studien und den dadurch vertieften Kenntnissen von Mozarts Kompositionstechnik. Alle „Ergänzer" beteuern, daß sie dem Ansinnen Mozarts so gerecht wie möglich werden wollten. Wir dürfen bei all dem jedoch niemals außer Acht lassen, daß Süßmayr, wie unbefriedigend seine Version des Requiems auch erscheinen mag, der einzige ist, der Mozart bei der Komposition selbst erlebt, ja ihm sogar dabei assistiert und mit ihm darüber gesprochen hat.
Dürfen wir wirklich an diesem authentischsten aller Ergänzungsversuche rühren? Schließlich: zeugen nicht gerade die Brüche im Requiem von der alleinigen Wahrheit seiner tragischen Geschichte?
Unangetastet sowohl von Süßmayr als auch von zeitgenössischen 'Ergänzern' bleibt die Hauptsubstanz des Requiems: der von Mozart vollständig ausgearbeitete vierstimmige Vokalsatz (aller Sätze bis auf die oben genannten „Süßmayr'schen") sowie der Instrumentalbaß. Mit dem Primat des Vokalsatzes gewissermaßen als Essenz eines kirchenmusikalischen Werkes schlägt Mozart gegen Ende seines Lebens eine neue Richtung ein, die sich bereits in der am 17. Juni 1791 komponierten Motette Ave Verum Corpus ankündigt. Der Vokalpart gewinnt an Dichte und suggestiver Diktion, während das in seiner Salzburger Kirchenmusik oft symphonisch-opernhaft behandelte Orchester auf eine den Chorprimat untermalende Funktion zurückgestuft wird. Im gesamten Requiem verzichtet Mozart bewußt auf die hohen Holzbasinstrumente Flöte, Oboe und Klarinette, um eine dem Thema angemessene dunkel-verhaltene Färbung zu erzielen, die bereits im ersten Satz, Introitus, anklingt: in gedämpften, langgezogenen Seufzern beginnen Fagott und Bassetthorn über fast regungslos verharrenden Streicherakkorden mit der ernsten und demütigen Bitte um ewige Ruhe für die Toten. Das sich allmählich kontrapunktisch verdichtende Thema wird anschließend vom Chor aufgegriffen, diesmal jedoch in einem durch die nunmehr insistierende, die Unabänderlichkeit des Schicksals untermauernde Streicherbegleitung in einem neuen Kontext: nachdrücklich, feierlich, schwer.
Es mag befremdlich erscheinen, daß dieses „Requiem-Thema", das uns an anderer Stelle noch begegnen soll, nicht von Mozart stammt, sondern von keinem geringeren als Georg Friedrich Händel. Abbé Stadler hat darauf hingewiesen, daß sich Mozart Händel „zu seinem Muster in ernsthaften Singsachen" gewählt und "das Motiv zum Requiem aus Händels 'anthem for the funeral of queen Caroline, composed in the year 1737' (...)" genommen hatte. Auch im Kyrie 'bedient' sich Mozart bei Händel: das Kopfthema entstammt der Fuge „And with his stripes we are healed" aus dem Messias, den er 1789 für Baron van Swieten bearbeitet hatte. Mozart war sich weder zu schade, Anleihen bei anderen Komponisten zu nehmen noch war er ein Plagiator. Sein Genie bestand u.a. eben darin, daß er instinktiv musikalisches Ideengut anderer mit dem seinigen verschmolz und damit einen völlig neuen, individuellen Stil kreierte. Jedenfalls wäre das Requiem ohne Mozarts intensive Beschäftigung mit Händel und auch Bach in dieser Form nicht denkbar. Beinahe verblüffender noch sind die Übereinstimmungen mit gewissen Passagen aus dem sog. 'Schrattenbach-Requiem' von Johann Michael Haydn, an dessen Uraufführung Mozart als 15-jähriger Bediensteter der Salzburger Hofkapelle mitgewirkt hatte. Das Werk des jüngeren Bruders von Joseph Haydn hatte offenkundig einen tiefen Eindruck beim jungen Mozart hinterlassen - immerhin liegen zwischen jenem und seinem Requiem zwanzig Jahre. Sowohl das rhythmisch deklamierende „et lux perpetua" als auch die Idee, dem Textteil „Te decet hymnus in Sion" einen liturgischen cantus firmus zu unterlegen, gehen auf Haydn zurück. Mozart verwendet für letzteren allerdings nicht den 1., sondern den 9. Psalmton (den übrigens auch Bach in das dreistimmige „Suscepit Israel" seines Magnificats eingearbeitet hat - Mozart kannte auch dieses Werk). Frappierend auch die Ähnlichkeit der rhythmisch-harmonischen Struktur der „Quam olim Abrahae-Fuge" in beiden Requien: Mozart verwendet fast das gleiche auftaktig beginnende und punktiert fortgesetzte Thema wie sein Vorbild Haydn.
Mozart komponierte in vielerlei Hinsicht retrospektiv, und doch war er der modernste von allen. Seine von jedem überflüssigen Ornat losgelöste, den Text in einer völlig neuen, geradezu plastischen Gestalt vergegenwärtigenden Tonsprache läßt sein Requiem wie ein Solitär inmitten seines zeitgenössischen Umfeldes stehen. Und nicht nur dort: bis heute hat das Werk nichts von der ursprünglichen Glut seiner im Angesicht des Todes wie fieberhaft hervorgebrachten Musik verloren. Es sind die bis zuletzt gesteigerten energetisch pulsierenden Koloraturketten im Kyrie, die uns erregt machen; die unbarmherzig tremolierenden Violinen und die befehlende Beschwörung des „Tag des Zornes" im Dies Irae, die uns erzittem lassen. Die Soloposaune im Tuba mirum zwingt auch uns vor den Thron des Höchsten, und ehrfurchtsvoll neigen wir unser Haupt vor dem unter den Klängen einer majestätischen Ouvertüre angekündigten „König der schrecklichen Gewalten". Ist es nicht Mozart selbst, der am Ende erschöpft und doch hoffend die „Quelle der Gnade" als letzte Rettung anruft?
Wir lassen uns in die sanft einander umspielenden Sequenzen der Bassetthörner zu Beginn des Recordare einwiegen - eine Oase der Ruhe und Besinnlichkeit. Die züngelnden Flammen und das abgrundtief-schauerliche, immer näherkommende Gewühl der Hölle machen uns im Confutatis erbeben, doch die mit unerschütterlicher Zartheit am Glauben festhaltende Anrufung „voca me cum benedictis" der Frauenstimmen setzt sich allmählich durch mit der Hoffnung auf ein „sel'ges Ende".
Nach der von den stockenden Seufzern der Violinen getragenen Elegie der weinenden Sünder ersteht aus unheimlich-ahnungsvoller Stille in einem gewaltigen Crescendo das Schreckensbild des jüngsten Gerichtes - hier, im achten Takt des Lacrimosa, bricht Mozarts Handschrift ab. Alles weitere in diesem Satz ist von Süßmayr laut eigenen Angaben neu komponiert. Es sind, entgegen früherem Glauben, nicht Mozarts letzte Takte. Man vermutet inzwischen, daß der Abbruch aus formalen Überlegungen erfolgte: Mozart scheint beabsichtigt zu haben, das Werk durch satzübergreifende thematische Bezüge zu vereinheitlichen. Introitus, Lacrimosa sowie Agnus Dei sollten gewissermaßen die Eckpunkte einer solchen Zyklisierung durch das „Requiem-Thema" darstellen. In Süßmayrs Ergänzung finden sich noch Rudimente davon: möglicherweise ein Beweis für Mozarts latente Mitautorschaft. Gerade die Ergänzung des Lacrimosa, wohl eines der populärsten und anrührendsten Sätze des Requiems, will man Süßmayr nicht so ganz abnehmen: manches deutet auf Mozarts Handschrift hin. Vielleicht will es auch nur unsere Hörgewohnheit so. Was wäre schließlich gewonnen, wenn wir wüßten, wer es komponierte? Denn es ist in sich selbst wahr und schön.

Mozarts wirklich letzte Komposition ist das Offertorium. Das durchkomponierte Domine Jesu Christe ist von einer elektrisierenden Bewegung, von unruhevoll-drängenden Sechzehntelfiguren der Violinen geprägt, während der Chor wie beschwörend seine Bitte um die Bewahrung der Verstorbenen vor der Unterwelt deklamiert. Die Musik mündet sogartig in die Fuge „Quam olim Abrahae": die von bizarren Intervallen und gehetzter Rhythmik dominierte Streicherbegleitung schwankt in ihrem Ausdrucksgehalt zwischen verzweifelter Furcht und nachdrücklicher, fast befehlender Aufforderung: wird Gott sein einst Abraham gegebenes Versprechen einlösen? Nach dem G-Dur-Schluß der Fuge taucht die Musik unvermittelt in die warme, Geborgenheit spendende Es-Dur-Sphäre des Hostias. Die Tonart Es-Dur im Zusammenhang mit einer rituellen Handlung hat Mozart bereits in der Zauberflöte verwendet: sie steht für Läuterung, Licht und Leben. In der gleichsam geläuterten, von jeder überflüssigen Substanz losgelösten Schlichtheit des Vokalsatzes vollzieht sich der Ritus der Gabenbereitung. Und so wie während der Wandlung die Hostie zum wahrhaftigen Leib Christi, der Wein zu seinem Blut werden, so erleben wir hier den Übergang vom Tod zum Leben, vom Dunkel in das Licht durch die Vergegenwärtigung des ewigen Lebens in der vollkommenen Harmonie der Musik. Wir können das Übersinnliche dieser Musik nur dann wirklich begreifen, wenn wir uns bewußt machen, daß Mozart diesen Satz, dessen Worte „Fac eas, Domine de morte transire ad vitam" die letzten waren, die er vertonte, auf der Schwelle des Todes geschrieben hat. Er hatte das Licht des Jenseits geschaut.

Misericordias domini und Inter natos mulierum
Dem Requiem und Ave verum als Mozarts letzte kirchenmusikalische Kompositionen werden zwei frühe Offertorien gegenübergestellt: das 1771 komponierte Inter natos mulierum zu Ehren Johannes' des Täufers sowie das 1775 entstandene Misericordias Domini. Sie brauchen den Vergleich mit den späten Werken keinesfalls zu scheuen, dokumentieren sie doch in nicht weniger vollkommener Form Mozarts stilistische Treffsicherheit im Umgang mit der Gattung Kirchenmusik.
Hier liegen bereits die Wurzeln zum Requiem.
Das erstgenannte Stück lebt von der schwingenden Motorik der fast durchgängigen Streicherfigurationen und der fröhlichen Unbefangenheit und Leichtigkeit des Chorsatzes. Was nach außen hin so einfach und leicht klingt, ist in seiner inneren Struktur ein höchst kunstfertiges, von polyphoner Plastizität und harmonischen Überraschungseffekten durchsetztes Gebilde, ein Paradestück Mozarts früher Meisterschaft.
Im zweiten Stück manifestiert sich Mozarts Beschäftigung mit dem stile antico, den er als 14-jähriger in Italien bei Padre Martini kennenlernte. Das markante Thema „Cantabo in aeternum" erscheint in immer neuen kontrapunktischen Variationen, deren polyphone Komplexität bis zum Schluß gesteigert wird. Bereits hier zeigt sich Mozarts Sinn für dramaturgische Spannungsverläufe sowie für seine Textausdeutung: das polyphon-bewegte „Cantabo in aeternum" - es versinnbildlicht das „ewige Singen" - Kontrastiert mit den homophon-statischen Abschnitten von „Misericordias Domini", der beständigen und tröstlichen Barmherzigkeit des Herrn.                                          

Monja Sobottka

Le Requiem de W. A. Mozart
Wolfgang Amadeus Mozart, personnage mythique, n'a pas fini de faire couler beaucoup d'encre. Nombreuses sont les hypothèses, parfois fumeuses, sur sa vie, les relations avec son père, les femmes, sa femme et l'alcool. Mais c'est surtout autour de sa mort que les légendes foisonnent...
Mozart abandonné par tous, pauvre, malade, agonisant en écrivant le Lacrimosa, son corps ensuite jeté dans une fosse commune par une journée froide et brumeuse, voici une des images les plus exploitées, souvent jusqu'au voyeurisme, par une tradition romantique puis, rapidement, à des fins commerciales. Mettons de côté ce tableau morbide pour enfin appréhender l'oeuvre sans ces clichés faciles.qui ne font que la contourner. Pourtant reste un fait biographique qu'on ne peut nier : c'est un homme à l'aube de sa mort qui a écrit ce Requiem, et qui n'a pas pu le terminer. Mais peut-on réellement achever un Requiem? Achever un Requiem signifierait maîtriser la mort, mais celle-ci reste et restera toujours un phénomène insaisissable. Depuis 200 ans le Requiem est interprété dans les quatre coins du monde, il fascine, tout comme la mort fascine. A chaque concert un défi est relevé, celui de tenter de percer le mystère de la mort, ou du moins d'en donner une approche possible. On meurt seul. L'appréhension de la mort est donc personnelle. Mozart, en 1791, se trouvait avec ses doutes, ses craintes et ses espoirs devant sa mort prochaine et nous aussi aujourd'hui, en interprétant ou en écoutant cette musique. Vivre le Requiem devient alors quelque chose d'intime, d'existentiel. L'oeuvre, ni finie ni définie, reste ouverte en n'imposant pas une réponse rigide aux questions de l'homme face à la mort. Chacun est libre de poser sa propre note finale qui peut varier selon les circonstances de la vie. Mozart nous a ouvert une porte, à nous de saisir cette chance, de la chanter, de l'écouter.

Jürg Friedrich Florence de Werra